Wermut
Artemisia absinthiumBesondere Berühmtheit erlangte der Wemut als Hauptbestandteil des legendären Kultgetränks Absinthe.
Die ausdauernde, gräulich-grüne, krautige Pflanze aus der Familie der Korbblütler wächst zwischen 40 bis zu 150 cm hoch. Die gestielten Blätter sind mit feinen Härchen überzogen. Im Zeitraum vom Juni bis September entwickeln sich aus verzweigten Rispen kugelförmige, gelbe Blütenköpfe, aus denen sich graubraune, eiförmige Früchte bilden. Das weit verbreitete Kraut wächst in ganz Europa, Asien, Nordafrika wie auch in Nord- und Südamerika.
Verwendung
Schon in der
frühen Menschheitsgeschichte fand der Wermut als Heilkraut und zu
kultischen Zwecken bei den Ägyptern Verwendung. Alte ägyptische
Abbildungen zeigen Isis-Priesterinnen zusammen mit Artemisiazweigen.
Seinen Namen erhielt er von den antiken Griechen, die das Kraut nach
Artemis benannten, der Göttin der Jagd und der Fruchtbarkeit. Artemis
war als Erdmutter auch für die Tiere und die Natur zuständig. Genutzt
wurde der Wermut von den Griechen als allumfassendes Heilmittel und
Aphrodisiakum – schon ihnen waren die appetitanregenden und
verdauungsfördernden wie auch die kreativitätssteigernden Eigenschaften
des Krauts bekannt.
Volksmedizinisch wurde der Wermut gegen
Wurmerkrankungen, als Tonikum bei Erschöpfung und Depressionen, gegen
Blutarmut, Erkältungen, Menstruationsbeschwerden und zur Abtreibung
verwendet. Äußerlich wurde das Kraut u. a. gegen Hautausschläge,
Insektenstiche und schlecht heilende Wunden eingesetzt. Dabei kam eine
Vielzahl von Zubereitungen zum Gebrauch: Das Wermutkraut wurde als Tee
aufgebrüht, es wurden Medizinalweine und -biere daraus hergestellt oder
es wurden durch Mazeration mittels Alkohol Tinkturen angesetzt. Auch
Bäder, Öle, Salben und Duftkissen wurden aus Wermut zubereitet.
Als
Räucherwerk wurde Wermut zum Schutz vor bösen Geistern und anderem
Unheil wie auch zur Öffnung der spirituellen Dimensionen eingesetzt.
Besondere Berühmtheit erlangte Artemisia Absinthium ab dem 18. Jahrhundert als Hauptbestandteil des legendären Kultgetränks Absinthe, in dem die psychoaktive Wirkung des im Wermut enthaltenen Thujons im Vordergrund steht. Dazu wird der Wermut zusammen mit weiteren Kräutern (u. a. Fenchel, Melisse, Pfefferminze, Ysop, Anis, Angelikawurzel, Koriander, Süßholz) destilliert und so ein meist hochprozentiger und hoch potenter Kräuterextrakt hergestellt. Besonders die Künstler der französischen Boheme entdeckten schnell die bewusstseinserweiternden Qualitäten des thujonhaltigen Getränks. Ob Manet, Degas, Toulouse-Lautrec oder van Gogh, ob Rimbaud, Verlaine oder Beaudelaire (um nur einige zu nennen) – sie alle genossen die berauschende, euphorisierende Wirkung der wermuthaltigen „Grünen Fee“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Absinthe in fast allen Ländern verboten und konnte nur noch im Geheimen hergestellt werden. Seit 1991 ist die Herstellung und der Verkauf von Absinthe mit einem reglementierten Thujongehalt von bis zu 35 mg/kg in Deutschland und den meisten EU-Ländern wieder erlaubt; heute findet man am Markt ein reiches Angebot an Absinthen aus verschiedensten Regionen und Traditionen.
Inhaltstoffe
Wermut enthält viele Bitterstoffe (v. a. Absinthin) und ein ätherisches Öl, das reich an Thujon ist (Thujon weist eine ähnliche Molekularstruktur wie THC auf). Das Kraut enthält außerdem Cumarine, Gerbstoffe, Flavonoide, Kaffeesäurederivate und Phenolcarbonsäuren.
Wirkung
Unter den vielfältigen medizinischen Wirkungen sind die magenberuhigenden, verdauungsfördernden Eigenschaften des extrem bitteren Wermuttees besonders hervorzuheben. Weiterhin gilt der Tee als adstringierend, antioxidativ, appetitanregend, entzündungshemmend, euphorisierend, harntreibend, krampflösend, menstruationsfördernd und tonisierend. Das in alkoholischen Extrakten hauptsächlich wirksame Thujon hat vor allem berauschende, stimulierende, aphrodisierende und traumverstärkende Eigenschaften.
Artemisia absinthium - Illustration
Nebenwirkungen
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts geriet der wermuthaltige Absinthe zusehends in Verruf, denn die Folgen des exzessiven Absinthe-Missbrauchs (= Absinthismus) waren nicht selten Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Leber- und Hirnschädigungen. Nach dem heutigen Stand der Forschung wurden diese Nebenwirkungen jedoch nicht durch das Thujon verursacht, sondern durch den häufigen Konsum des hochprozentigen Alkohols, der zudem oft von äußerst schlechter Qualität war. Auch wenn die Thujonkonzentration in den früheren wie auch in den aktuell erhältlichen Absinthen zu niedrig für eine toxische Wirkung ist, kann Thujon in sehr hohen Dosen als Nervengift wirken, z. B. beim Konsum großer Mengen reinen Wermutöls. Die Thujonmenge im Absinthe ist also nicht schädlich - da Absinthe oft einen sehr hohen Alkoholgehalt aufweist, sollte er allerdings mit der gebotenen Vorsicht genossen werden.